Direkt zum Hauptbereich

Samhain 2017



Von einer lieben Freundin habe ich gestern einen kleinen Schubs bekommen.
Denn die Zeit verfliegt so schnell, dass ich gerade kaum noch hinterher komme.
Bzw. kommt es mir so vor.
Denn nachdem ich vor ein paar Wochen das Gefühl hatte, als würde mir wirklich alles zu viel werden, habe ich endlich genug Leidensdruck empfunden, um mein Leben mit aller Kraft entschleunigen zu wollen.
Und so mache ich seit ein paar Wochen jeden Tag kleine Schritte in Richtung „innere Ruhe“.
Das klingt leichter als es sich schreibt.
Aber das wissen viele von euch sicher mindestens genauso gut.

Inzwischen befinden wir uns im Jahresrad in der Zeit, in der das Licht nachlässt. Die Nächte werden länger, die Tage kürzer und kühler. Bei uns Zuhause verweilen die Nebelschwaden am Morgen schon deutlich länger in den Feldern und die Bäume tragen bereits ihr buntes Herbstkleid.

Ich weiß, ich habe ein zwei Jahreskreisfeste hier im Blog ausgelassen.
Das hat mit dem turbulenten Alltag zu tun, der mich immer wieder eingeholt hat.
Aber nun kommt eines der kraftvollsten Feste im Jahresrad mit großen Schritten auf uns zu:
Samhain
Es ist das Schnitterfest. Das letzte der drei Erntefeste, das Fest der Toten und das Hexenneujahrsfest.
Die Energie von Samhain ist so groß und so überwältigend, dass wir hier in Deutschland sogar einen Feiertag haben, der dieser besonderen Nacht folgt.
Allerheiligen
Auf diese Weise kann eigentlich jeder Samhain feiern und am nächsten Tag ausschlafen.
Zumindest mehr oder weniger.

Samhain ist ein Mondfest.
Es liegt zwischen der Herbsttagundnachtgleiche und der Wintersonnenwende.
Um das Pferd kurz von hinten aufzuzäumen:
Zur Wintersonnenwende, also der längsten Nacht im Jahr, feiert man die Widergeburt des Lichts. Denn ab diesem Zeitpunkt kehrt das Licht mit jedem Tag etwas mehr in die Welt zurück.
Da macht es Sinn, dass im vorangehenden Fest, also Samhain, die Thematik dessen umschlossen wird, was vor der Widergeburt passieren muss.
Und das ist der Tod.
Er gehört zum ewigen Kreislauf des Lebens genauso wie die Geburt.
Deshalb hat er auch sein eigenes Fest, mit all den Aspekten, die dazu gehören.

Und was gehört alles dazu?
Wenn wir die Welt betrachten, wird uns wahrscheinlich gleich ein Aspekt auffallen, der jeden Menschen immer wieder betrifft.
Einmal der Tod von Verwandten, Freunden (dazu zählen übrigens aus meiner Sicht auch Tiere), Bekannten und ganz allgemein betrachtet, von Lebewesen.
Aber was ist mit uns selbst?
Jeder hat schon die Erfahrung von Veränderung gemacht.
Eigenschaften, Ansichten, Weltbilder, der Freundeskreis, Vorlieben, der Wohnort und so vieles mehr, kann sich ändern.
Was geschieht aber, wenn sich etwas ändert?
Etwas Neues entwickelt sich im Leben und etwas Altes verschwindet dafür.
Es stirbt also.
Das wäre ein zweiter Aspekt von Samhain: Die Veränderungen im eigenen Leben, die man betrauert, begrüßt oder vielleicht herbeiwünscht.
Man kann sich also fragen: Was möchte ich verabschieden, was hinter mir lassen? Was oder wer gehört nicht mehr zu mir?
Und dann lässt man los. Gestützt durch symbolische Handlungen oder einfach, indem man sich bewusst macht, was schon längst gegangen ist oder gehen soll.

Was noch?
Das Licht befindet sich im Sterbeprozess. Es wird noch eine Weile vergehen, bevor die längste Nacht, also die tiefste Dunkelheit erreicht ist. Wir befinden uns noch immer auf dem Weg in die Dunkelheit.
Und die Dunkelheit wird schon seit langer Zeit als Symbol für die inneren Welten verstanden. Um in sich hinein zu fühlen, schließen viele Menschen ganz instinktiv die Augen. Sie blicken also in ihr Innerstes. Dort ist es nicht unbedingt dunkel. Aber wir brauchen unsere Augen nicht, um dort sehen zu können.
So erleichtert es die dunkle Jahreszeit ganz ungemein, einfacher in sich selbst blicken zu können. Denn wenn das Licht stetig weniger wird, bleibt zwangsläufig mehr Zeit übrig, in der man die Augen schließen und in sich selbst blicken kann.
Zumindest war das früher so.
Heute spielt es nicht mehr so eine große Rolle, wie spät es ist. Wenn man Licht braucht, drückt man einen Schalter, und schon ist es hell.
Aber die Energie der Erde ist eine andere. Für alle Pflanzen und Tiere, die ohne Lichtschalter leben, verändern sich die Lebensbedingungen deutlich.
Und sie speisen das Energiefeld der Erde genauso wie wir. Deshalb können wir trotz unserer Dauerbeleuchtung deutlich spüren, dass sich die Stimmung „draußen“ verändert.
Und je mehr man sich selbst darauf einlässt, desto leichter wird es einem fallen, auch in sich selbst mehr Ruhe zu finden und Innenschau zu betreiben.

Und wie passt Halloween dann in diese Zeit?
Nun ja, wir haben bereits festgestellt, dass die Nächte immer länger, kühler und nebliger werden.
Kurz könnte man auch sagen: Sie werden gespenstisch.
Und da wären wir auch schon.
Wer möchte, kann einmal einen Selbstversuch unternehmen:
Fahr doch einmal in den nächsten Tagen um 20 Uhr (also wirklich nicht mitten in der Nacht – eigentlich) mit dem Auto etwas in eine Gegend, in der keine Straßenbeleuchtung und auch kein Haus in unmittelbarer Nähe ist. Parke dein Auto an einer geeigneten Stelle, stell den Motor ab und lass erst einmal alles für ein paar Minuten auf dich wirken.
Kein Radio, kein elektrisches Licht.
Willst du wirklich noch aussteigen und den nächsten Schritt in diesem Experiment gehen?
Wenn ja, dann gehe ein Stück spazieren. Ohne Handy und Taschenlampe. Wenn du möchtest, nimm eine Kerze oder eine Öllampe mit. Mehr hatten man damals nämlich auch nicht, wenn überhaupt.
Das kann natürlich ein wunderschöner und meditativer Nachtspaziergang werden.
Aber höchstwahrscheinlich wirst du ihn eher als beunruhigend und gruselig empfinden. Spätestens wenn du das Glück hast, in einer richtig schönen, dichten Nebelwand zu landen.

So ging es den Menschen früher auch. Da gab es auch kein Handy, mit dem man hätte Hilfe rufen können, falls man stürzt oder falls man sich verläuft.
Und so eine Nebelwand ist ein Schleier, der hinter sich alles Mögliche verbergen könnte.
Vielleicht tut sie das ja auch.
Unsere ganze Wahrnehmung funktioniert in einem solchen Umfeld völlig anders als bei Tageslicht. Unsere inneren Antennen verstärken deshalb ihre Tätigkeit. Denn sie können jetzt „besser sehen“ als unsere Augen. Und so verwundert es nicht, dass wir auch besser Ebenen wahrnehmen können, die uns im Sommer viel schwerer zugänglich sind.

Deshalb blieb man damals im Haus, wenn es dunkel wurde. Man zündete Kerzen in den Fenstern an. Zum einen um selbst Licht zu haben, aber auch um dunkle Gestalten nicht ins Haus kommen zu lassen. Die Geister, die draußen umherirren, sollten bitte draußen bleiben.
Man schnitzte nicht nur Kürbisse, sondern auch anderes Gemüse, und stellte die geschnitzten Fratzen vor die Tür um böse Geister zu vertreiben.
Manchmal stellte man auch Speisen oder Getränke vor die Tür oder ins Fenster, um die Geister zu besänftigen.
All das spiegelt sich in Halloween wider.
Die Fratzen, das Verkleiden um andere zu erschrecken, die Bitte um Süßigkeiten. Und das alles natürlich erst wenn es draußen dunkel wird.

Man stellte allerdings nicht nur Verpflegung und Kerzen bereit, um böse Geister zu besänftigen. Sondern auch um den Ahnen den Weg zu leuchten und sie mit Speis und Trank willkommen zu heißen.
Denn auch zu den Ahnen hat man in dieser Zeit leichter Kontakt.

Ein Überbleibsel des Gedenkens der Ahnen ist der Besuch am Familiengrab am Morgen bzw. Vormittag von Allerheiligen, also dem 1. November.
Sie geben uns Kraft und erinnern uns daran, woher wir kommen, wo unsere Stärken und Schwächen liegen und was uns im Blut liegt.
Außerdem passen sie auf uns auf. Auch wenn wir das nicht immer merken.
Dieses Wissen ist schon lange in uns verankert und in anderen Teilen der Erde, weiß jeder, dass man die Ahnen ehren soll und sie dafür ihre schützende Hand über die Familie halten.

All das bedeutet aber nicht, dass man Samhain mit einer Trauermiene und deprimiert feiern muss.
Ganz im Gegenteil.
Es ist wie ein großes Familientreffen.
Viele stellen zusätzliche Teller und Gläser bereit und geben von allen Speisen und Getränken etwas darauf, damit die Ahnen und guten Geister mitfeiern können.
Natürlich gibt es Momente, in denen man ruhig und besonnen wird. In denen man loslässt, was man loslassen möchte und derer gedenkt, die man vermisst und für sie eine Kerze anzündet. In denen man ganz bewusst um das trauert, was nicht mehr ist.
Aber genauso kann man später davon erzählen, welche schönen Erlebnisse man mit geliebten Verstorbenen hatte, oder sich einfach im Stillen an die schönen Momente erinnern.

Samhain vereint das ganze Leben an einem Tisch.
Denn der Tod ist Anfang und Ende zugleich.
Deshalb ist seine Energie auch so stark und berührt die Menschen wie kaum ein anderes der Jahreskreisfeste ganz tief im Herzen.

Egal, ob du nur bestimmte Aspekte oder alle Facetten  feiern möchtest: Dieses Fest zu feiern lohnt sich auf jeden Fall!

Vielleicht willst du lieber für dich alleine und ganz andächtig feiern. Vielleicht aber auch mit anderen laut mit Tanz, Spiel, Spaß und Verkleiden.
Je nachdem wonach dir zumute ist, kannst du die entsprechenden Vorbereitungen treffen, dich nach passenden Veranstaltungen in deiner Gegend umsehen oder deine Wohnung entsprechend dekorieren.

Ich habe dieses Jahr das Glück, zum ersten Mal eine öffentliche Samhain-Feier veranstalten zu dürfen.
Wer mag und in der Nähe wohnt, ist herzlich dazu eingeladen.






Aber ganz egal wie ihr feiert: Ich wünsche euch von Herzen ein wunderschönes und kraftvolles Samhain!





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog